Persönliche Kritik am Spielfilm „Das Lied des toten Mädchens“
Erstausstrahlung: ARD, 06.11.2021 20:15
Nach dem dritten Band des Römer-Krimis Linus Geschke.
Gesamturteil: 3,5
Story
Die Nachwuchsjournalistin Stefanie Schneider trifft bei Recherchen in einer Kölner Parkhausruine auf eine halbnackte Männer-Leiche, grausam erdrosselt. Die Polizei nimmt davon kaum Notiz. Ihr Kollege Jan Römer erkennt jedoch eine Parallele zu einem 25 Jahre alten Fall: Eine Spieluhr, die das bekannte Schlaflied "Hush Little Baby" spielt. Wie jetzt spielte sie auch seinerzeit im Wald neben der Leiche einer Abiturientin. Ein Fall, bei dem dessen mutmaßlicher Täter Thomas Sonnefeld spurlos verschwand. Ist er nach so langer Zeit zurückgekehrt, um weiter zu morden? Wie hängt das zusammen? Für weitere Recherchen machen sich die beiden auf zum damaligen Tatort nach Wilzenbach im düsteren Sauerland. Schnell wird beiden klar: Hier stimmt etwas nicht. Zentraler Punkt ist eine unbekannte Waldhütte. Ein Unbekannter hatte drei Mädchen engagiert, um in dem „Gästehaus für besondere Gäste“ sauber zu machen. Doch Sonja Risse wurde bald von einem Wanderer tot aufgefunden. Doch ist Sonnefeld wirklich der Täter? Oder ist er oder sie im privaten Umfeld zu suchen, wie vielleicht die auf eine Romanze hoffende Freundin? Während die beiden Journalisten versuchen, das Puzzle zu lösen, interessiert sich im Hintergrund auch der Verfassungsschutz für den Fall.
Glaubwürdigkeit der Story
Hat mehrere Schwächen. Nur zwei Beispiele: Das Zimmer des Opfers ist nach 25 Jahren blitzblank und staubfrei, was bei der Mutter gar nicht passt. Dass der Verfassungsschützer spontan drei! notreife Mädchen in einer Dorfkneipe engagiert, um in einem Safehouse mitten im Wald sauber zu machen, klingt schlicht herbeigeholt.
Spannungsfaktor
Für eine Geschichte mit Thrillerpotential erstaunlich flach. Zwar befindet sich der „tatsächliche“ Täter wohl kaum unter den Verdächtigen des Zuschauers, aber wohl eher deswegen, weil das Mordmotiv unwahrscheinlich klingt.
Regionalfaktor
Mit Licht und Schatten. Für den fiktiven Ort Wilzenbach am Fuße des realen Wilzenbergs wurde kurz das Fachwerkkleinod Freudenberg aus dem Siegerland eingeblendet. Auch sonst konnte man sich nicht so richtig zwischen Stadt und Dorf entscheiden. So wurden frü das Dorf auch Szenen in der Altstadt von Korbach gedreht. Auch bei weiteren Szenen, z.B. auf dem Friedhof, wurde der Hintergrund unklar dargestellt.
Für die Waldszenen setzte man auch die Bruchhauser Steine ins Bild. Allerdings nie so imposant, wie sie eigentlich sind, sondern bestenfalls als Hintergrundbild. Für die Story passte das, als Bruchhauser hätte ich mir mehr gewünscht.
Kamera und Musik
Es gelingt gut, die herbstlich-düstere Stimmung einzufangen. Originelle Bildausschnitte der Wälder mittels Drohnenaufnahmen. Die Musik harmoniert mit den unheimlichen Bildern.
Darsteller
Die Hauptdarsteller Lara Mandoki und Torben Liebrecht dominieren ohne zu brillieren. Dirk Borchardt, der anscheinend ein Abo auf derlei Rollen hat, spielt routiniert den mutmaßlichen Täter Sonnefeld. Auch der Verfassungsschützer Peter Davor blieb unter seinen Möglichkeiten. Besser gefallen haben mir der Wirt und die Mutter des Opfers. Mein Urteil: Da wäre mehr drin gewesen!
Frank Mause
Autor zweier Grenzkrimis, die auf dem schmalen Grat zwischen Sauerland und Waldeck spielen
Persönliche Kritik zum Roman „Helix – Sie werden uns ersetzen“
Mehr zufällig habe ich den Roman „Helix“ bei unserer Stadtbücherei ausgeliehen. Der Gedanke an Genmanipulation ist in Deutschland durchweg eher negativ belegt. Spätestens nach diesem spannenden Thriller erkennt jeder, warum es tatsächlich eine gute Idee ist, sich mit dem Thema zumindest kritisch auseinanderzusetzen; wobei die Antwort darauf aber durchaus vielschichtig ist. Es wird auch klar, dass die Büchse der Pandora, einmal geöffnet, nicht mehr zu schließen ist! Denn wir sind keineswegs allein auf der Welt.
Der Autor:
Nach Wikipedia wurde der Bestsellerautor Marc Elsberg, der eigentlich Marc Rafelsberger heißt, 1967 in Wien geboren. Er studierte Industriedesign und arbeitete als Strategieberater und Kreativdirektor in der Werbebranche. In der Szene sehr bekannt sind auch die Bücher „Blackout“ und „Zero“.
Das Buch:
Das von mir gelesene Exemplar ist im Blanvalet-Verlag in 2016 erschienen, 1. Auflage - 646 Seiten, 22,99 € ISBN 978-3-7645-0564-6.
Der Inhalt:
Es gibt im Wesentlichen zwei Erzählungsstränge:
Der US-Außenminister stirbt auf einer Sicherheitskonferenz in München, nachdem er plötzlich zusammenbricht. Die Untersuchung macht ein „personalisiertes Virus“ für den Tod verantwortlich: Ein Virus das für alle ein harmloser Schnupfen, für exakt den Außenminister aber das Todesurteil ist. Doch wer ist überhaupt in der Lage, derartig komplizierte Viren zu produzieren, wenn es nicht mal US-Labore ansatzweise können. Und zu welchem Zweck? Jessica Roberts erhält direkt vom weißen Haus den Auftrag, die Hintergründe aufzuklären. Viel Zeit bleibt nicht, was das Privatleben zusätzlich verkompliziert. Letzteres wirkt angesichts des Hauptthemas etwas schematisch, fast stiefmütterlich.
Der andere Hauptstrang beschreibt die schmerzhafte Suche des kinderlosen Ehepaars Helen und Greg auf der Suche nach einem Baby. Die geheimnisvolle Institution „New Garden“ verspricht ein „Wunschkind“ in allen Belangen – nicht nur bei so banalen Dingen wie der Haarfarbe.
In Nebensträngen werden erstaunliche Ereignisse beschrieben: Mais, der irgendwo in Afrika den schlimmsten Schädlingen widersteht, aufgezogen von unwissenden Einheimischen, ganz ohne Pestizide, bei alles anderen als optimalen Bedingungen. Etwa die Lösung des Welthungerproblems? Die „böse“ Agrarindustrie ist ratlos und versucht mit allen Mitteln, ihr Geschäft zu retten.
Alles strebt letztlich auf gentechnisch veränderte Viren hin, die beliebige Eigenschaften in das Erbgut jedes Lebewesens einpflanzt. Hört sich gut an: körperlich und geistig robuste und überlegene Kinder, Nahrung in Hülle und Fülle. Jedoch wird das daraus resultierende Problem fein herausgearbeitet: Was, wenn die Kinder gegenüber ihren Erzeugern immer gottgleicher werden? Zumindest die körperlichen Fähigkeiten, z.B. die Sprungkraft, der „optimierten“ Kinder erscheinen mir dagegen etwas übertrieben – und bringen die Geschichte auch nicht wirklich voran.
Der Schreibstil:
Für mich modern, jedoch eher unauffällig. Die Kapitel sind übersichtlich kurz; das hilft, wenn man täglich nicht so viel lesen will/kann. Es liest sich spannend, teilweise aber etwas langatmig.
Bemerkenswert:
Als Vater kommt man nicht umhin, sich um den eigenen Nachwuchs Gedanken zu machen. Eine für mich entscheidende Fragestellung wird im Buch gestellt: Warum sollen die zufälligen Eigenschaften deiner Kinder besser sein als eine gezielte Genzusammenstellung, die dem eigenen Nachwuchs optimale Startbedingungen verhilft? Doch die Antwort ist nicht so einfach: Denn was ist schon „das Beste“? Und wenn es doch alle machen?
Meine persönliche Bewertung:
Unbedingt lesenswert.
Gesamtnote: 1,7
Persönliche Kritik zum Roman „QualityLand“
Endlich habe ich einen Buchtipp fertiggelesen, den ich mir zu Weihnachten gegönnt hatte: „QualityLand“. Ja unglaublich aber wahr: Ich habe es SELBST GELESEN, ganz altmodisch in der Hand gehalten und Seite für Seite im Schein meiner Nachttischlampe umgeblättert! Es beschäftigt sich kurz gesagt mit der nahen Zukunft unserer zunehmend von automatisierten Algorithmen des Internet bestimmten Welt – in einer absolut witzigen und doch tiefgründigen Art und Weise! Gegen die beschriebene Welt ist „1984“ im Prinzip ein Kindergeburtstag: Manipulation zu deinem Besten. Aber ist es überhaupt Manipulation, wenn du es doch willst?
Der Autor:
Nach Wikipedia ist Marc-Uwe Kling 1982 in Stuttgart geboren und ein deutscher Liedermacher, Kabarettist, Kleinkünstler und Autor. Obwohl hier Autor an letzter Stelle seiner vielseitigen Tätigkeiten aufgeführt wird, hat er bereits das vielbeachtete Buch „Die Känguru-Chroniken“ herausgebracht; es ist auch als Hörbuch erschienen. Diese Texte basieren auf einem Podcast des Berliner Radiosenders Fritz. Dafür erhielt er 2010 den Deutschen Radiopreis.
Das Buch:
QualityLand erschien 2017 im Ullstein Verlag; ISBN 978-3-550-05015-2. Das Werk aus Papier gibt es entweder in einem schwarzen oder weißen Hardcover. Entsprechend meinem Charakter entschied ich mich für das schwarze Design, summa summarum 18,00 €, in einem echten Buchladen, mit einer echten Verkäuferin – voll krass! Kostet erstaunlicherweise dasselbe wie bei Amazon, dem weltgrößten Versandhandel, dafür konnte ich es vorher durchblättern und anschließend gleich mitnehmen. Übrigens ist selbst das Impressum lesenswert: Warnt es doch davor, dass sich das Buch nicht mit dem Internet verbinden lässt. Trotzdem habe ich das Abenteuer gewagt.
Der Inhalt:
Das Buch zeigt eine konsequente Extrapolation unserer Gegenwart: In der Zukunft gibt es für die Bewohner des fiktiven QualityLand, dem Land der Superlative, eine große Erleichterung: Die Antwort auf alle Fragen lautet „OK“; Entscheidungen sind nicht nur überflüssig, sondern auch gar nicht mehr vorgesehen! Selbst die Mühen einer Bestellung beim weltweit beliebtesten Versandhandel erübrigen sich. TheShop“ weiß aufgrund des Profils, was Titelheld Peter Arbeitsloser benötigt und schickt es ihm, noch bevor er ahnt, dass er es brauchen könnte. Klingt doch vielversprechend, oder? Als sich seine Freundin von ihm trennt, bekommt er prompt als Trost eine Kiste Bier zugeschickt! Doch Peter bekommt Zweifel am System: Eine Drohne liefert ihm einen rosa Vibrator in Delfinform. Trotz gegenteiliger Versicherung kann er nicht glauben, dass er sowas wirklich braucht. Er will ihn zurückgeben und gerät in die Mühlen eines auf strikten Konsum und Verbrauch ausgerichteten Versandhandels. Muss wohl am Profil liegen. Doch Peter lässt sich nicht entmutigen und nimmt den Kampf auf. Zusammen mit abgewrackten künstlichen Intelligenzen macht er sich auf den Weg zu dem Eigentümer von TheShop und reichsten Mann der Welt, Henyk Ingenieur, um es zurück zu geben.
Peters zunächst seltsam klingender Nachname ist kein Zufall. Praktischerweise heißen in QualityLand alle Leute nach dem Beruf ihrer Mutter respektive Vater. Man geht davon aus, dass man der hineingeborenen Kaste, hier nennt sie sich postmodern „Level“, sowieso nicht entrinnt. Denn hier hängt alles vom Level ab, wie lange man im Restaurant warten muss, was man bezahlt, welche Freundin man hat. Vorausgesetzt man hat den richtigen Level kann man sogar mit einem Fingerschnipsen die Ampel auf Grün schalten. Da erscheint es logisch, dass künstliche Intelligenzen die Macht übernehmen wollen. Doch die KI John of Us kämpft mit Mitteln der Logik gegen Gefühle und steht logischerweise auf verlorenen Posten. Bis er die Geheimnisse der Wahlmanipulation entdeckt.
Der Schreibstil:
Der Autor schreibt im Präsenz. Das Buch liest sich ausgesprochen flüssig. Authentizität erhält es durch die bei jedem Kapitel eingefügten Berichte und Meldungen samt Kommentaren von Nutzern mit Namen wie Melissa Sexarbeiterin oder Cynthia Helikopterpilotin. Die Kommentare sind weiß auf schwarzen Blättern gedruckt und könnten in jedem sozialen Netzwerk stehen, ohne dass sie jemand als Fake auffielen.
Bemerkenswert:
Der persönliche Digitalassistent, eine Art Fortentwicklung einer persönlichen Suchmaschine, von Peter Arbeitsloser heißt „Niemand“. Einfach weil Niemand ihm zuhört. Dieses beliebteste Gimmick von QualityLand weiß, was man wissen will. Peter muss sich nicht die Mühe machen, relevante Informationen zu finden. Sie finden ihn – das ist für alle am bequemsten!
Was mich als Vermesser fasziniert: Alle Zahlen sind übrigens niemals ungefähr, sondern immer ganz exakt angegeben: So hat Peter vor 51,2 Minuten die neuen AGB seiner Mobilitätsflatrate bekommen. Die Firmen passen diese nämlich ständig an; so wie gerade der Wind gegen die Kunden weht.
Meine persönliche Bewertung:
Ein Buch für jeden, der tief- ja geradezu abgrundtiefen Humor liebt. Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht - und nachgedacht! Zum einen strotzt die Geschichte vor Originalität, für mich ein wenig im Stile einer unterhaltsamen Comedy. Aber durch die systematische Überzeichnung wird manche Absurdität der heutigen Zeit im Kern bereits offensichtlich!
Gesamtnote: 1,0
Persönliche Kritik zum Film "Blade Runner 2049"
Fazit: Ein würdiger zweiter Teil des Kultfilms: Wer vom ersten Teil fasziniert war, wird nicht enttäuscht! Wer hingegen das übliche Feuerwerk an Actionszenen konsumieren möchte, wird sich schwertun. Der Film setzt mehr auf Dialoge und Handlung sowie eine dichte, wenn auch leicht morbide Atmosphäre. Zugegeben: Wirklich Neues gibt es nicht; er ist vielmehr durch eine konsequente Weiterentwicklung, eine gelungene Hommage an den originalen „Blade Runner“.
Insgesamt eine glatte eins!
Bezug zum ersten Film Blade Runner: Den ersten Teil zu kennen ist hilfreich, jedoch nicht notwendig. Überhaupt war der erste Teil zunächst nur mäßig erfolgreich und mutierte erst später zum Kultfilm - das Schicksal könnte auch diesem Teil widerfahren.
Inhalt: Die Thematik ist immer noch, was genau einen Mensch zum Menschen macht. Künstliche Menschen, genannt Replikanten, werden als willige Sklaven gezüchtet. Doch sie werden auch gefürchtet: Nur ein aufwändiger Psycho-Test von Experten kann den Unterschied zwischen den überlegenen Wesen und einem echten Menschen aufdecken. „Blade Runner“ genannte Polizisten jagen aufmüpfige Replikanten, um sie „in den Ruhestand zu schicken“. Officer K (Ryan Gosling) ist pikanterweise selbst ein Replikant und tötet trotzdem gnadenlos im Auftrag des LAPD seine Leidensgenossen - wie vor dreißig Jahren Officer Rick Deckard (Harrison Ford). Bei einem Auftrag entdeckt K Ungereimtheiten und stößt schließlich auf seinen Vorgänger; der Showdown beginnt.
3D-Effekt: Wäre für mich nicht notwendig gewesen.
Länge: 164 Minuten! Das ist ziemlich lang, in „der Mitte“ tatsächlich etwas langatmig. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Die Schauspieler: Kommen glaubwürdig zum Publikum rüber, insbesondere Harrison Ford, der 30 Filmjahre (tatsächlich 35 Jahre) älter geworden ist. Auch Ryan Gosling verkörpert einen Blade-Runner, der genau weiß, dass er selbst ein Replikant ist, ausgesprochen überzeugend. Sogar Deckards Kollege von damals hat einen Auftritt im Altersheim und bastelt immer noch Origami-Tiere.
Das Ende: ist eindrucksvoll, obwohl im Groben vorhersehbar, doch im Detail überraschend.
Die Welt: ist sehr detailreich, ja geradezu liebevoll ausgearbeitet. Sie ist eine konsequente Fortentwicklung aus dem ersten Teil: Es regnet viel, die Sonne glänzt durch Abwesenheit. Stattdessen leuchten Strahler und Werbeavatare um die Wette. Es ist keine Hochglanzwelt, sondern in der aufgrund Ressourcenmangel Menschen respektive Replikanten und antiquiert wirkende Maschinen unverzichtbar sind. Aber genau diese Parallelität aus modernster und „abgeschriebener“ Technik macht es so realistisch.
Versteckte Werbung: Die Autos der Zukunft düsen wie weiland Doppeldecker in Fritz Langs „Metropolis“ durch den dichten Smog von Los Angeles: Officer K fliegt dabei Peugeot.
Action: Es gibt auch einige gelungene Actionszenen, die jedoch nicht die Handlung beherrschen.
Musik: Hans Zimmer gelingt die Quadratur des Kreises, an dem Original von Vangelis anzuschließen und doch neue Akzente zu setzen.
Buch: Der Film darf nicht mit dem eher weniger bekannten Fortsetzungsroman „Blade Runner II“ von K. W. Jeter verwechselt werden, der zeitlich und inhaltlich direkt an den ersten Teil mit der Fortsetzung der Flucht Rick Deckards und Rachael anschließt. In Blade Runner 2049 geht es um die Fortsetzung 30 Jahre später.
Persönliche Kritik zum Roman "Landnahme"
dem finalen 4. Band der "Elektron-Saga" von Jott Fuchs
Gesamturteil: gut!
Das Buch hebt sich vom literarischen Mainstream ab. Trotzdem oder deshalb kommen besonders aber nicht ausschließlich Freunde von Fantasy und Steam-Punk auf ihre Kosten. Wer allerdings mit einer Prise Magie, reichlich Fantasie und Alternativwelten im mittelalterlichen Stil weniger anfangen kann, sollte unvoreingenommen daran gehen und Neugier mitbringen.
Der epische Schreibstil kommt insbesondere Fans fantastischer Bücher traditionell entgegen, kleinere Schwächen trüben die Lesefreude nur unwesentlich: Die Geschichte liest sich flüssig und entfaltet Atmosphäre. Sie spielt in einer originellen, wenn auch dystopisch-düsteren Welt der Zukunft, geradezu liebevoll und bis ins Detail bildreich gezeichnet. Sie beschreibt, wie ungeachtet der Umgebung und des Zeitalters allzu menschliche Eigenschaften wie Machthunger, Geldgier, Neid und/oder Hass aber auch Liebe, Gerechtigkeitssinn, Mitleid und Menschenfreundlichkeit unsere Handlungen bestimmen.
Die Homepage von Jott Fuchs zu Ihrem Buch: http://jottfuchs.de/category/zur-saga/
Eine Ausführliche Rezension des außergewöhnlichen Buches kannst Du unten als .pdf-Datei herunterladen!
Persönliche Kritik zum Roman „Ready Player One“
Gerade habe ich auf Empfehlung eines Bekannten „Ready Player One“ gelesen, ein Roman, der sich ebenfalls intensiv mit dem Eintauchen in virtuelle Welten beschäftigt und viele Parallelen zu meinem Buch „Der ganz reale Tod“ aufweist.
Der Autor:
Ernest Cline wurde laut Wikipedia am 29.08.1972 in Ashland, Ohio, USA geboren. Er ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Bekanntester Film ist „Fanboys“, eine unabhängig von großen Konzernen produzierte Komödie rund um Science-Fiction-Fans, 2009 in Deutschlands Kinos gezeigt.
Das Buch:
Sein Erstlingswerk „Ready Player One“, geschrieben 2010, wurde 2012 erstmals ins Deutsche zunächst als E-Book übersetzt. Das Werk war auf mehreren Bestsellerlisten, erhielt durchweg gute Kritiken und zahlreiche Preise, z.B. den Prometheus Award. Ich habe die „3. Auflage“, erschienen 2017 bei Tor gelesen: ISBN 978-3-596-29659-0.
Der Inhalt:
Handlungsort ist eine Kleinstadt in den Vereinigten Staaten im Jahre 2044. Die Welt ist seit längerem ökonomisch und ökologisch „den Bach runter gegangen“. Der Schüler und typische Computer-Nerd Wade Watts hält sich mehr schlecht als recht über Wasser. Sein Ventil in der trostlosen und gewaltbeherrschten Realität: Die virtuelle Welt OASIS mit seinen Spielen aber auch Lerneinheiten. Deren Erfinder, James Halladay, ist tot und veröffentlicht ein folgenreiches Testament: Das milliardenschwere Imperium bekommt derjenige, der ein kompliziertes Ratespiel gewinnt. Das Spiel wird schließlich zum Kult und beschäftigt weltweit Millionen „Jäger“ nach den unauffindbar erscheinenden Schlüsseln und Toren zum Sieg. Aber auch die Konkurrenz will die Herrschaft über die OASIS für sich gewinnen und mischt über vernetzte Firmenagenten mit. Klar, dass diese nicht fair spielen und auch vor mehrfachen Mord nicht zurück schrecken - schließlich geht es um Milliarden!
Der Schreibstil:
Der Autor schreibt in der Ich-Form und verlässt diese Perspektive nicht. Dadurch können wir alle seine Gedanken gut mit verfolgen. Es beginnt mit einem Rückblick, der linear bis zum Ende des Buches durchgespielt wird; weitere Stränge gibt es nicht. Die Bösen sind böse, allmächtig aber klar erkennbar und der Titelheld und seine Freunde sind natürlich die Guten.
Bemerkenswert:
Cline strapazierte mit seinen Romanfiguren die Wendung „das war mein absolute Lieblingsserie“ wahlweise „Lieblingsfilm“ etc. für meinen Geschmack stark.
Meine persönliche Bewertung:
Kein Buch für Jedermann. Die beschriebene Welt ist stark dystopisch aber durchaus glaubhaft. Es liest sich flüssig und besticht durch seine Detailtiefe, die in gewisser Weise aber auch eine kleine Schwäche ist - aber es ist schließlich das Werk eines Fans. Authentizität gewinnt das Werk auch durch fast endlose Verweise auf die 80-er Jahre: Sowohl IT-technisch (Commodore, Atari, ...), filmisch (Blade-Runner, Star-Wars, Tron, ...) als auch musikalisch (Cindy Lauper, New Order, ...). Da schwelgt man als Vertreter dieser Dekade schnell in Erinnerungen. Lediglich die Fernsehserien sind logischerweise durchweg sehr amerikanisch und mir nicht bekannt.
Gesamtnote: 2,0
Gesamtfazit
Insgesamt ist der Film für Star-Wars Anhänger sicher Pflicht - für mich aber ohne originellen Höhepunkt oder überraschende Wendungen bedenkt man die allgegenwärtige Marketingkampagne im Vorfeld. Es beginnt zunächst recht verhalten und ich brauchte Zeit, mich in die Geschichte zu versenken. Die Schlacht zum Schluss ist hingegen solide inszeniert und entschädigt zumindest alle Fans von (Raum-)kampfszenen. Es ist für mich ganz sicher nicht der beste aber schon gar nicht der schlechteste der Star-Wars-Saga und erhält eine glatte „2“ auf der Schulnotenskala.
Zur gewöhnungsbedürftigen Chronologie
Star Wars „Rogue One“ spielt erzählerisch zwischen dem 3. und dem 4. Teil. Eine Fortsetzung ist nicht zu befürchten: Die letzten Szenen leiten übergangslos in den vierten Teil, der -für Spätgeborene verwirrend genug- in der Realität als erster Film in die Kinos kam: Sogar Prinzessin Leia hatte ihren Auftritt. Nachdem dieser erste (= vierte) Teil so erfolgreich war, wurde er als Trilogie ausgebaut, also 4. bis 6. Als das Publikum scheinbar noch nicht genug hatte, wurde eine zweite Trilogie erzählerisch vorgeschaltet: 1. bis 3. Teil 7 lief 2015, Teil 8 droht nächstes Jahr. Rogue One ist also eine Art Zwischenmahlzeit, sozusagen Star Wars 3,9. Also die Reihenfolge nochmal zum mitschreiben: 4-5-6-1-2-3-7-3,9-8- ...
Die Story
Ein übergelaufener Pilot der Imperialen überbringt auf einem abgelegenen Planeten Informationen über eine neue, Todesstern genannte Superwaffe. Aufgrund der bruchstückhaften Hinweise sendet die Rebellenzentrale den Meisterspion und Assassinen Cassian Andor, um den Waffenkonstrukteur Galen Erso zu töten. Um an ihn ran zukommen, nimmt der Spion Kontakt mit dessen seit Jahren im kriminellen Milieu untergetauchten Tochter Jyn Erso auf. Beide kommen sich nach anfänglicher Skepsis näher und erfahren, dass ihr Vater insgeheim eine Art „Sollbruchstelle“ eingebaut hat. Doch wo genau: Die Jagd auf die Baupläne gipfelt in einer grandiosen Schlacht über dem Archivplaneten Scarif.
Ziemlich unglaubwürdig ist, dass die Baupläne für den brandneuen und ultrageheimen Todesstern bereits archiviert sind. Da wiehert der imperiale Amtsschimmel: Wenn das Darth Vader gewusst hätte, hätte er sicher eine Consulting-Firma engagiert ... vielleicht war es aber auch nur die helle Seite der Macht. Bedenkt man, dass das Ende durch den Anfang des vierten Teils bereits festgelegt ist, insgesamt gerade noch gelungen.
Die Rollen
Es wurde zumindest versucht, eine echte weibliche Hauptrolle zu etablieren, die nicht allein gut aussieht sondern auch zu Kämpfen versteht. Zu einer Art interstellarer Lara Croft wurde Jyn Erso (Felicity Jones) allerdings nicht wirklich. Ihr männlicher Partner Cassian Andor (Diego Luna) hingegen hatte als Rebellenspion anfangs kein Problem, situationsbedingt nicht nur eindeutige Feinde zu töten, wenn es nur seinem Auftrag dient. Das ist nicht unbedingt Mainstream, bei dem Helden immer nicht nur helden- sondern auch bis ins Detail ehrenhaft sein müssen. Erst bei Jyn Ersos Vater kamen ihm (endlich!) Gewissenbisse. Die Charaktere an sich sind eher einfach gestrickt, einige Figuren sind (notwendigerweise) bekannt.
Technik
Der 3D-Effekt konnte in dem Film besonders geschickt eingesetzt werden: Beeindruckend war die Perspektive des Mon Calamari-Admirals Raddus, der in seinem Schlachtschiff über dem Archivplaneten Scarif unerschrocken die Schlacht leitet. Oder am Ende der Blick im Innern des Archivturms in die nicht enden wollende Tiefe.
Humor
Ein Erfolgsparameter (nicht nur) von Star Wars ist der Humor. Diese Rolle übernahm (wieder) ein Roboter, allerdings ein ehemals imperialer und umprogrammierter Roboter. Auch dieser nimmt - wie die Klassiker R2D2 und C3PO- geradezu menschliche Züge an - am Ende opfert er sich.
Bad Arolsen, 27.12.2016
Im folgenden habe ich alle Bücher meiner privaten Bibliothek (mehr als 500 Romane), alphabetisch nach dem Autor sortiert und mit einer Schulnote von 0,7 (sehr gut plus) bis 6 (ungenügend) bewertet. Bitte beachten Sie: Ich lese seit ca. 40 Jahren regelmäßig Science-Fiction und natürlich hat sich mein Geschmack mit der Zeit auch verändert. Jede Benotung ist vor diesem Hintergrund zu sehen.
Zu meinen zehn Lieblingsautoren (Beispielromane) gehören
Mein erster Roman eingereiht unter "M" in meiner privaten Science-Fiction-Bibliothek.
John Holbrook Vance (* 28.08.1916 in San Francisco,† 26.05.2013 in Oakland) ist einer meiner Lieblingsautoren. Er schrieb unter seinem Namen mehr als fünfzig Science-Fiction Romane in ebenso vielen Jahren, von Kurzgeschichten, Stories unter Pseudonymen und Kriminalgeschichten einmal abgesehen. Nachfolgend beschränke ich mich auf die dreiunddreißig Romane, die ich im Laufe der Zeit gelesen (und mit „Schulnoten“ von 0,7 sehr gut plus bis 6,0 ungenügend benotet) habe:
Deutscher - /englischer Titel Jahr Sammelbandname Zyklus Note
Die sterbende Erde/The dying earth 1950 1
Das Weltraummonopol/The Five Gold Bands 1950 1
Der Baum des Lebens/Son of the tree 1951 Drachenbrut 1
Freibeuter des Alls/Vandals of the Void 1953 1,7
Planet der Ausgestoßenen/The big planet 1957 0,7
Die Kriegssprachen von Pao/The languages of pao 1958 Kriegssprachen 1
Die Drachenreiter/The dragon masters 1962 Drachenbrut 1
Die Häuser von Iszm/The house of iszm 1964 Drachenbrut 1
Die letzte Festung/The last castle 1966 Drachenbrut 1
Krieg der Gehirne/Nopalgarth 1966 Kriegssprachen 1,7
Die Stadt der Khasch/City of the khasch 1968 Planet der Abenteuer Tschai I 1
Gestrandet auf Tschai/Servants of the wankh 1969 Planet der Abenteuer Tschai II 1
Emphyrio// 1969 0,7
Im Reich der Dirdir/The dirdir 1970 Planet der Abenteuer Tschai III 1
Im Banne der Pnume/The pnume 1970 Planet der Abenteuer Tschai IV 1
Der Mann ohne Gesicht/The Anome 1971 Durdane Durdane I 1
Der Kampf um Durdane/The brave free man 1972 Durdane Durdane II 1,3
Die Asutra/The Asutra 1973 Durdane Durdane III 2
Trullion: Alastor 2262// 1973 Alastor Alastor I 1
Der graue Prinz/The grey prince 1974 1,3
Marune: Alastor 933// 1975 Alastor Alastor II 1
Maske: Thaery// 1976 Chroniken der Zuk. 11 1,3
Wyst: Alastor 1716// 1978 Alastor Alastor III 1
Der galaktische Spürhund/The galactic effectuator 1980 1
Herrscher von Lyonesse/Lyonesse 1983 Lyonesse Zyklus I 1
Die grüne Perle/The green pearl 1985 Lyonesse Zyklus II 0,7
Station Araminta/Araminta Station 1988 Cadwal Chronik I 0,7
Madouc/Madouc 1990 Lyonesse Zyklus III 1
Ecce und die alte Erde/Ecce and old earth 1991 Cadwal Chronik II 0,7
Throy// 1992 Cadwal Chronik III 1
Nachtlicht/Night lamp 1996 1,7
Jenseits der Leere/Ports of Call 1998 1,5
Myrons Reisen/Lurulu 2004 2,3
Seine Romane fesseln mich schon seit Jahrzehnten mit ihrer gleichbleibenden Qualität; ich kann sie stundenlang ohne Ermüden lesen. Doch was genau fasziniert mich? Ein Erklärungsversuch:
Mich überzeugt vor allem die dichte Atmosphäre, die exotische Vielfalt an in sich schlüssigen Weltentwürfen und die Originalität seiner Geschichten, in die ich nur zu gern eintauche und dem spannenden Ende entgegen fiebere. Bei Science-Fiction keineswegs selbstverständlich steht nicht die Raumfahrt an sich im Vordergrund, technische Details sind ihm augenscheinlich nicht wichtig. Sie bilden maximal einen verschwommenen Rahmen im Hintergrund. Es geht ihm mehr um die Auswirkungen auf den Menschen, bzw. auf deren Beziehungen zueinander.
Seine Menschen besiedeln seit tausenden von Jahren fremdartige Planeten und teilen sie manchmal mit halbintelligenten Ureinwohnern, z.B. die hundeähnlichen Ahulphs (Durdane), die telepathischen Erjinen (Der graue Prinz) oder Merlinge, Amphibienwesen auf Trullion (Alastor 2262). Ihre Gesellschaften verändern sich stark bis zur Degeneration, die Ursprünge verschwimmen genauso wie der eigentliche Grund der Auswanderung.
Obwohl er dabei Gesellschaften beschreibt, die exotischer kaum sein können, ähneln gewisse Charakteristiken -wenig erstaunlich- unserer heutigen Welt: die Auflehnung Einzelner/der Jugend gegen das herrschende System, der Wunsch einiger über andere zu herrschen, der Drang, materielle Bedürfnisse auch auf Kosten anderer zu stillen, unglückliche Liebe, ungleiche Partner, „Liebe“ als Mittel zum Zweck ... Genauso vielfältig sind die von ihm postulierten Herrschaftsformen: abstruse Theokratien, anarchische Systeme, utopische Demokratien, autoritäre Diktatoren, degenerierte Monarchien, Kastensysteme, uralte Aristokratien, weise und wohlwollende Alleinherrscher, starre Polykratien, ... die Herrschertitel nicht minder exotisch wie die „Faktoren von Ys“ (Lyonesse), der „Panarch von Pergolai“ (Die Kriegssprachen von Pao) oder der „Connat“ (Alastor).
Bei der Handlung gibt es einige häufig wiederkehrende Themen: Das Vorherrschen einer Ungerechtigkeit und der Drang des Titelhelden, wieder Gerechtigkeit herzustellen bzw. das Erstarren scheinbar perfekter Systeme und ihre Unfähigkeit, auf Veränderungen angemessen zu reagieren. Letzteres erinnert mich heute sogar ein wenig an Deutschland, wo jede mögliche noch so kleine Veränderung gleich als Bedrohung des „christlichen Abendlandes“ wahrgenommen wird, da (fast) alle mit dem Status Quo zufrieden sind und glauben, es kann ja bestenfalls nur noch schlechter werden.
Typischer Charakter des Titelhelden: zunächst jung, mit geheimnisvoller Herkunft, der sich seinen ganz eigenen Weg durch eine erstaunliche Welt sucht, lehnt sich gegen das erstarrte Establishment auf, intelligent wenn auch mit einem Schuss Naivität, furchtlos, sparsam und aufmerksam gegen Beutelschneiderei und Betrugsversuchen.
Vance ist immer ein Meister des Ungewohnten:
Die Grenze zur Fantasy ist bei Vance fließend, Technik wirkt wie Zauberei; einige sprechen von Science Fantasy. Eher selten wie bei dem Lyonesse-Zyklus kann eindeutig „nur“ von Fantasy gesprochen werden. Aber selbst hier wirkt die Zauberei wie uralte, längst vergessene Technik, deren Ursprünge verloren gegangen sind. Während wirklich zukunftsträchtige Technik (z.B. Raketentechnik) nur vage angedeutet wird, beschreibt er alternative Techniken sehr ausführlich, ähnlich dem Steampunk, z.B. der „Ballonweg“ in Durdane.
Das meiner Meinung nach beste Buch ist Emphyrio, geschrieben als ich fünf Jahre alt war. Ein typischer Vance eben: Ein junger Mann wird schlecht behandelt und zeigt es der herrschenden Klasse auf seine Weise, indem er die allgegenwärtige Passivität durchbricht - gegen alle Widrigkeiten.
Frank Mause, Bad Arolsen Oktober 2016
Hinweis: Eine komplette Tabelle mit mehr als 500 von mir bewerteten SF-Klassikern von Poul Anderson bis Roger Zelazny kann oben heruntergeladen werden
Bis Nov. 2016 hatte diese Kritik auf
(Bastei-Lübbe, 2009), 11.11.2016
Warum ich das nicht mehr ganz neue Buch vorstelle:
· Die Wahl eines Nachkommen von Immigranten, Rassisten, Chauvinisten und Steuerparasiten zum Präsidenten durch die weißen Wutbürger Amerikas hat mich zutiefst erschreckt.
· Aber Demokratie ist, wenn auch mal die anderen gewählt werden. Europa muss jetzt ganz stark sein - vielleicht ein historische Chance.
· Und wir sollten uns in unserer Empörung „wie kann man nur“ oder „Naja, typisch: Amerika ist das Land der unbegrenzten Dummheiten“ nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: 2017 ist Bundestagswahl!
· Und damit zum Thema: Das von mir ausgewählte Buch beschreibt absolut plausibel, wie man in Deutschland ganz demokratisch die Monarchie wieder einführt.
Autor:
· Andreas Eschbach, geboren 1959 in Ulm
· Für mich DER deutsche Science-Fiction Autor
· bekanntester Roman: „Das Jesus-Video“, auch verfilmt
· einige weitere bekannte (und sehr gute) Romane: Die Haarteppichknüpfer, Eine Billion Dollar, Ausgebrannt, Quest
Das Buch:
· Es ist zwar eine rein fiktionale Geschichte
· beruht jedoch auf zahlreichen, sorgfältig recherchierten Tatsachen,
o insbesondere am Beispiel der Nicht-Wahl von Al Gore 2000, als er zwar rund 0,5 Millionen Stimmen mehr als George Double-Doof Bush hatte, aber
a) durch das vorsintflutliche Wahlsystem der USA und
b) durch die kreative Löschung von demokratischen Stimmen im Swing State Florida unter Gouverneur Jeb Bush, zufällig Bruder des Wahlsiegers George Bush.
o Alle Hintergrundtatsachen werden in Fußnoten genau erklärt und sind dadurch nachprüfbar.
· Basis der Geschichte ist die nachgewiesene Manipulierbarkeit von Wahlcomputern!
· Simon König (man achte auf den Namen!) gerät zufällig in den Besitz einer Software, mit der man Wahlen manipulieren kann.
· Er ist ein ganz normaler demokratischer Bürger, wie Du und ich.
· Doch ist die Verlockung, es besser als „die da oben“ zu machen und endlich mal gesunden Menschenverstand anzuwenden, einfach groß.
Meine Meinung zum Buch:
· Es bekommt von mir eine 1,0 auf der Schulnotenskala.
· Es ist spannend und auch jetzt noch aktuell wie eh und je.
· Die Hintergründe sind gut recherchiert und nachprüfbar.
· Die Geschichte ist plausibel und nachvollziehbar.
· Man beschäftigt sich automatisch intensiv mit Demokratie, was sie ausmacht und was nicht und zwar auf unterhaltsame Weise.
· Ich halte es sogar als besser geeignet als manchen drögen Politikunterricht, wie ich ihn genossen habe.
Frank Mause, angesichts der Trumpwahl im November 2016
Bis Nov. 2016 hatte diese Kritik auf
Die Briten und die EU
Die EU erfreut sich schon seit langem keiner besonderen Beliebtheit. Undemokratisch sei sie, sagen die Linken; dabei ist sie der Kompromiss demokratisch gewählter nationaler Regierungen. „Die da oben hören nicht auf das Volk“ sagen die Rechten; dabei setzen sie ausschließlich sich selbst mit „dem Volk“ gleich und müssten als Anhänger des „Führerprinzips“ doch eigentlich begeistert sein, nicht gefragt zu werden. Und unsere Regierung -ob rot oder schwarz- beteuert ständig, dass wenn etwas schiefläuft allein Brüssel die Schuld trägt; dabei ist sie selbst ein wichtiger Teil des EU-Rats.
Besonders die Briten pflegen schon immer eine gehörige Distanz bis zur Abneigung gegen die Union. Spätestens seit dem Brexit wissen wir: Die Mehrheit im Rahmen der Volksabstimmung glaubt, der Globalisierung und dem wirtschaftlichen (und mit immer unverhohlener vorgetragenen militärischen Drohungen) begleitetem Ansturm Chinas besser mit einem nationalem Alleingang als gemeinsam mit wenigstens ungefähr Gleichgesinnten Nationen beizukommen sei. Für mich Grund genug ausgerechnet an einen britischen SF-Autor unserer Tage zu erinnern: Neal Asher (*1961 in Essex)!
Die Polity Neal Ashers
Denn interessanterweise wird eine Art Union in Form der „Polity“ (engl.: Verfassung, Gemeinwesen, Staat, im deutschen Text als „Polis“ bezeichnet) ausgerechnet von einem englischen Autor weit weniger negativ dargestellt, wie es diesseits und jenseits des Kanals zur Zeit üblich ist: In dem dauernden Kampf von Separatisten gegen die alles regelnde Obrigkeit der Polity sind die Agenten der Regierung die positiv besetzten Protagonisten. Natürlich bildet das politische Konstrukt der Romane nur einen vagen Hintergrundrahmen für die eigentliche überaus actiongeladene Handlung um Sicherheits-Agent Ian Cormac. Ob überhaupt und wie genau sich eine politische Willensbildung nach heutigem Verständnis abspielt bleibt daher naturgemäß unscharf. Im Endergebnis wird alle praktische Regierungsarbeit durch eine künstliche Superintelligenz geleistet, unbestechlich, neutral, sachlich und absolut effizient - das Beste für die Menschen wird anscheinend berechenbar. Die Menschen wirken auf mich eher wie zu betreuende, unselbstständige Kunden denn als selbstbewusste Bürger der Zukunft. Handelt es sich hier also wirklich um eine Weiterentwicklung „unserer“ EU? Das mag dahingestellt bleiben, denn ich glaube kaum, dass das ein Ziel des Autors war. Aber vielleicht ist die Idee einer Union, in der wie auch immer gemeinsam gelebt wird auch für unsere Zukunft doch nicht so schlecht, wie sie oft wohlfeil vom bequemen Sofa aus geredet wird.
Einige typische Merkmale der Reihe
Letztlich ist es eine ausgesprochen fantasiereiche Romanreihe der Richtung Hard Science-Fiction, die an den Grenzen des Denkbaren kratzt:
-Gewaltige Technik, die entfernte Planeten auf Armlänge näherbringt („Runcible-Technik“, ein Art Beamen im großen Stil) und tödliche Umgebungen erdähnlich gestaltet (das gute alte Terraforming), gigantische, variable Schlachtschiffe ohne Besatzung und geleitet allein durch Künstliche Intelligenzen,
-exotische Waffen (Schmalpistole, Schienenkanone, Impulswaffe mit Aluminiumstaub), teils unglaublich letal bis hin zu „Contra-Terrene Devices“ (CTD), die ganze Planeten zerplatzen lassen,
-Menschen, die durch die ständige Vernetzung ihre Menschlichkeit zu verlieren drohen und künstliche Intelligenzen, die menschliche Züge wie Wahnsinn und Bösartigkeit entwickeln,
-Körper bekommen physische und psychische „Upgrades“, die sie mit erstaunlichen Fähigkeiten ausstatten und im Gegensatz Roboter-Cyborgs, die von „geborenen“ Menschen kaum noch zu unterscheiden sind
-Außerirdische, die im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlich sind,
-biologische gewachsene Konstrukte, die physikalische Aufgaben übernehmen,
und und und ...
Worum es geht
Wer spannende, temporeiche Agententhriller in einer ausgefallenen, technisch detailliert beschriebenen Welt liebt, ist hier genau richtig. Asher schaffte es, eine dichte und alles umfassende Atmosphäre zu schaffen: In „Der Drache von Samarkand“ illustrieren eingestreute kurze Artikel z.B. aus dem „Quittenhandbuch“ oder „New Vogue“ scheinbar dokumentarisch die Handlung und spannen das Polity-Universum auf, das neugierig auf mehr macht. Und die Nachfolgeromane schlagen in dieselbe Kerbe. Der 007 der Zukunft hat unbegrenzten Zugang zu Informationen und absolute Befehlsgewalt. Er ist nur einer Earth Central Security genannten künstlichen Superintelligenz unterstellt, die durch den undurchsichtigen Horace Blegg, übrigens mehrere Hundert Jahre alt, zu ihm spricht. Doch seine Gegner, separatistische Terroristen sind ebenfalls mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet, wie komplett fehlende Empathie für ihre Opfer. Sie greifen mit ausgefeilten Plänen aus dem Hinterhalt an. Auf dem Weg zu ihrem Ziel kennen sie keinerlei Skrupel. Und zwischendrin garnieren Außerirdische wie der geheimnisvolle Drache samt seiner Drachenmänner, die fremdartiger kaum sein können, alles mit einem Sahnehäubchen an zusätzlichen Problemen; von den dominanten Prador und ihren Gedankensklaven ganz zu schweigen. Vor diesem Hintergrund ist die eigentliche Geschichte fast schon Nebensache.
Meine Bewertungen
Für mich ist es eine der besten Romanserien: viel Action aber auch Kampf brillanter (künstlicher wie menschlicher) Intellekte, exotische Welten mit einem fast kruden Zoo aus außergewöhnlichen Tieren und Pflanzen, rasantes Tempo der Handlung, Hinterlist auf der einen und Pflichterfüllung auf der anderen Seite sowie immer wieder überraschende Wendungen. Das gezeichnete Weltbild wirkt in sich geschlossen und logisch. Die Romane Ashers, die nicht im Polity-Universum spielen gefallen mir weniger, insbesondere die Zeitbestie ist im Vergleich zum Rest suboptimal.
Konkret gelesen habe ich:
Titel/Originaltitel, Erscheinungsjahr, "Schulnote" (Hinweis: 0,7 ist sehr gut plus)
Ian-Cormack Zyklus
-Der Drache von Samarkand/Gridlinked, 2001, 0,7
-Der Erbe Dschainas/The Line of Polity, 2003, 1,3
-Der Messingmann/Brass Man, 2004, 0,7
-Das Tor der Zeit/Polity Agent, 2006, 1,0
-Cormacs Krieg/Line War, 2008, 1,0
Spatterjay-Zyklus
-Skinner/The Skinner, 2002, 0,7
-Die große Fahrt der Sable Keech/The Voyage of the Sable Keech, 2006, 1,3
Weitere Polity-Romane
-Der eiserne Skorpion/Shadow of the Scorpion, 2008, 1,5
-Prador Mond/Prador Moon, 2011, 1,0
Sonstige Romane außerhalb des Polity-Universums
-Die Zeitbestie/Cowl, 2004, 2,3
-Das Komitee/The Departure, 2011,1,3
Link mit interessanter Homepage für spannende Lektüre:
Eine sehr umfangreiche aber übersichtliche und gepflegte Seite mit regelmäßigen SF- Kritiken, Rezensionen und Empfehlungen ist die folgende Homepage: http://www.sf-lit.de/
Rezensionen werden regelmäßig nach dem Schema:
aufgebaut. Vor allem wenn man Romane vergleichen möchte, ist das sehr hiflreich und gibt Orientierung. Das Filetstück ist ein Interview mit dem bekannten deutschen SF-Autor Andreas Brandhorst.